Symposium "Praxis des Leihverkehrs von Kunst- und Kulturgütern im Museumsbetrieb"
Der Österreichische Restauratorenverband (ÖRV) veranstaltete aus aktuellem Anlass ein Symposium zum Thema "Praxis des Leihverkehrs von Kunst- und Kulturgütern im Museumsbetrieb"
Datum: Mittwoch, 15. Juni 2005
Zeit: 15:00 – 18:00 Uhr
Ort: Oratorium der Österreichischen Nationalbibliothek,
Josefsplatz 1, 1010 Wien
Programm:
Praxisbezogene Impulsreferate aus den Bereichen
- Denkmalpflege/Ausfuhrabteilung: Dr. Ulrike Emberger
- Restaurierung: Dipl.Rest. Jürgen Vervoorst
- Austellungswesen: Dr. Renate Goebl
Moderation: Dr.Eva Klimek, (Kulturredakteurin, ORF)
Teilnehmer:
Dr. Ulrike Emberger (Bundesdenkmalamt, Ausfuhrabtlg.)
Dr. Renate Goebl (Österreichischer KunsthistorikerInnen Verband)
Mag. Beate Murr (Restauratorin, MAK, Wien)
Dr. Wolfgang Prohaska (Kurator, Gemäldegalerie KHM, Wien)
Zum Inhalt:
Ausstellungen sind heute ohne geliehene Exponate aus anderen Häusern kaum denkbar. Das Museum als Ort des Sammelns, Bewahrens und Forschens hat sich zum Kulturbetrieb entwickelt, der über entsprechende Angebote (z.B. Wechselausstellungen) für das kunstinteressierte Publikum marktwirtschaftliche Strategien zu befolgen hat. Gleichzeitig hat sicher auch eine breitere kunsthistorische Aufarbeitung im Zusammenhang mit vermehrter medialer Verbreitung zu einer bestimmten Erwartungshaltung des Publikums beim Besuch von Ausstellungen geführt.
Es ist zweifellos sehr bereichernd, Sammlungsbestände eines Hauses durch geliehene Exponate zu ergänzen – zumal diese meist zu den „bedeutendsten“ Kulturgütern gehören –und diese Bereicherung lässt zunächst die Mühen und Kosten vergessen, die hinter solch gelungenen Zusammenstellungen stehen.
Dem allen voran geht immer großer organisatorischer Aufwand, sei es logistisch, sicherheitstechnisch oder auch rechtlich. Schließlich muss gewährleistet werden, dass das einzelne Kunstwerk dabei keinen Schaden nimmt.
Diese Tatsache ist im Falle von Kulturgut von nationaler Bedeutung besonders zu beachten, denn schließlich ist dieses Kulturgut Zuständigen vorrangig zur Erhaltung für spätere Generationen überantwortet worden. Es besteht also ein öffentliches Interesse, die für eine Gesellschaft identitätsstiftenden Kunstwerke zu bewahren.
Werden diese Kunstwerke nun einer Nutzung zugeführt – indem sie verliehen werden – entsteht durch Transport und Ortswechsel ein zusätzliches Risiko für den Erhaltungszustand, das es abzuschätzen und zu verantworten gilt. RestauratorInnen haben sich immer häufiger mit eben dieser Risikoabschätzung und der daraus resultierenden Verantwortung auseinander zusetzen. Die im Denkmalschutzgesetz vorgegeben Bestimmungen, die für den Leihverkehr (die Ausfuhr) von Kunst- und Kulturgut bestehen, sind zusammen mit der fachlichen Kompetenz für Entscheidungsfindungen ausschlaggebend.
So sehen sich Bundesdenkmalamt und Restauratoren im Zweifelsfall in verteidigender Rolle als “Anwälte“ für das Kunstwerk und setzen auf Risikominderung in Form von diversen Beschränkungen (Ausfuhr, Ausstellungsdauer, Beleuchtungsstärke, etc.). Schließlich hat die Erfahrung gelehrt, dass Vorbeugen (Präventivmaßnahmen) besser ist als Heilen (Restaurieren). Die Museumsbetreiber hingegen sind an einem maximalen Nutzungsrecht ihrer Verleihobjekte interessiert – sind genauer betrachtet, bedingt durch die (Teil)Privatisierung/Vollrechtsfähigkeit ihrer Häuser, auch dazu angehalten diese Einnahmequelle neben Sponsoring und Eintrittsgeldern zu nützen. Wobei Sponsoren und Besucher auch wiederum nur zu gewinnen sind, wenn der Leihverkehr auch in die andere Richtung von auswärts ins eigene Haus fließt. Ein Mitmachen im globalen Leihverkehrssystem ist unverzichtbar geworden.
Dass hier diverse Beschränkungen hinderlich sind, liegt auf der Hand. Und dass RestauratorInnen und Bundesdenkmalamt dadurch in eine Konfliktsituation kommen, ebenso.
Es besteht dringend Handlungsbedarf, sich über Ursachen und Zusammenhänge zum Thema Leihverkehr mehr Klarheit zu verschaffen. Dazu ist es notwendig, dass alle Beteiligten zu einem Dialog finden, ihre Positionen erläutern, offene Fragen gestellt und beantwortet werden, Ambivalenzen erkannt werden und Kompromissbereitschaft entsteht.
Der ÖRV möchte im Rahmen einer für alle Interessierten offenen Diskussion dazu eine Initiative setzen.