Das grüne Museum
Le Musée vert - Il Museo verde
Am 7. April fand in Wien die Veranstaltung „Das grüne Museum. Effizienz und Nachhaltigkeit in Museen“ der deutschen Kongress GmbH statt, welche der ÖRV als Kooperationspartner unterstützte. Nach Bern und Dresden war Wien 2011 bereits der dritte Standort. Die Veranstaltungsreihe fand insgesamt zum zweiten Mal statt, im Herbst 2011 sind weitere Folgeveranstaltungen geplant.
In 12 Vorträgen wurde das ganze Spektrum der Probleme und Herausforderungen von Museen und ihrer Mitarbeiter in der Gegenwart und besonders der Zukunft deutlich.
Dr. Bellendorf der Fraunhofer Gesellschaft sprach einführende Worte über den Klimawandel und den damit verbundenen Schwierigkeiten beim Erhalt von Kulturgut. Die aktuellen Themen Energie, wachsende Weltbevölkerung, Ressourcenknappheit, politische Instabilität etc. wurden dabei mitdiskutiert.
Im Anschluss sprach Dir. Carl Aigner, Landesmuseum Niederösterreich, von den unterschiedlichen Blickwinkeln was den Erhalt von Kunstwerken betrifft: geschlossenes Depot oder von der Politik gerne gesehene Schaulager? Auch würden in der heutzutage schnelllebigen Gesellschaft häufig sehr kurzweilige Materialien in der Kunst verwendet werden. Das stehe im krassen Gegensatz zu den Museen, die ja ver- und bewahren möchten.
David Lindner, Kaufmännischer Leiter des MUMOK, warf anschließend einen Blick auf die Zahlen und Fakten, die für den Betrieb eines Museums wichtig sind. Weiters sei der Begriff der „Nachhaltigkeit“ sehr dehnbar, ein so genanntes „Gummiwort“. Es fehlten einfache Maßstäbe zur Definition, man müsse erst mit Vertrauensbildung durch unabhängige Gütesiegel, Regulierung der Marktmechanismen und entsprechende gesetzliche Bestimmungen die Anschaffung nachhaltiger Produkte oder Dienstleistungen einfordern. Als Beispiel nannte Hr. Lindner die neue Ausschreibung des MUMOK für eine externe Reinigungsfirma, wo nicht nur nach rein wirtschaftlichen sondern auch sozialen und ökologischen Kriterien entschieden werden soll.
Das neue Depot- und Werkstattgebäude im Albertinum Dresden stellte Dipl.Ing. Michael John vor. Nach dem verheerenden Hochwasser 2002 wurde entschieden die alten Depoträumlichkeiten im Dresdener Zwinger zu verlassen und neue Räume zu schaffen. Da keine geeigneten Immobilien außerhalb Dresdens gefunden werden konnten und außerdem aufgrund des zunehmenden Leihverkehrs lange Strecken zwischen den Gemäldegalerien und den Depots vermieden werden sollten, wurde das Albertinum auf der Brühlschen Terrasse umgebaut. Der Innenhof wurde überdacht und die Werkstätten der Restaurierung sowie die Depots schweben von außen unsichtbar zweistöckig darüber. Diese sehr kostenintensive Lösung ohne Ausbaupotential wurde mit dem Publikum sehr intensiv diskutiert.
Nach einer Kaffepause stellte Roman Brandstätter-Wein der Firma Zumtobel AG die neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der LED-Technik vor. Die meiste Energie im Leben einer Leuchtquelle könne in ihrer Betriebsphase eingespart werden. Dabei seien Lichtquelle, Betriebsgeräte, Leuchten, Lichtmanagement und das Beleuchtungskonzept ausschlaggebend. Die Vorteile bei Nutzung der LED-Technik seien die lange Lebensdauer, die hohe Farbwiedergabe, die bestehende Farbechtheit beim Dimmen sowie die Steuerbarkeit bestimmter Farbwerte. Wichtig sei aber eine entsprechende Kühlung der Lampe, da sich sonst die Lebensdauer drastisch verkürze.
Mag. Alfons Huber, KHM Wien, präsentierte die klimatischen Probleme der Ausstellungsräume im Kunsthistorischen Museum Wien. Es werde bei der Klimatisierung stets auf den Dampfdruck vergessen – ein großer Unterschied desselben zwischen Außen- und Innenräumen erschwere eine konstante Klimatisierung. Daher solle die Temperatur jahreszeitlich entsprechend gleiten und im Winter auch die Ausstellungsräume kühler gehalten werden. Außerdem sei die Baumasse als Speichermasse der entscheidende Faktor für die Klimabedingungen von Ausstellungsräumen. Weiters gewährte Mag. Huber Einblick in laufende Pilotprojekte und Messungen, wo Fenster abgedichtet und mit Außenbeschattung versehen wurden und neue Sockelheizleisten mit bestehenden konventionellen Heizkörpern verglichen werden. In beiden Fällen konnten Verbesserungen erzielt werden.
Dr. Jochen Käferhaus berichtete nach der Mittagspause von aktuell abgeschlossenen Projekten seiner Firma. Als sehr anschauliches Beispiel diente die bauliche Sanierung der Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien. Neben einer Bauteilheizung wurden dort auch eine Weitwurflüftung angebracht, die Fenster abgedichtet und gemäß den Denkmalschutzbestimmungen von außen unsichtbar beschattet sowie bei den Fenstern schwedische Schlitzschieber eingebaut, welche als einfache zusätzliche Lüftung dienen. Als weitere Besonderheit wurde in den Stellwänden Schafwolle eingefüllt, welche die Raumluft filtert und Schadstoffe aufnimmt.
Über das neue Wiener Zentraldepot des Kunsthistorischen Museums Wien sprachen im Anschluss Dr. Joachim Huber, prevart, Ing. Stefan Fleck, KHM und Karl Reuter, Architekt. Das Depot wird an der Stadtgrenze Wiens errichtet und wurde in nur 20 Monaten geplant und gebaut. Die Übersiedelung, die von einem kleinen Team mit rund 6-15 Mitgliedern koordiniert wird, soll in insgesamt 7 Monaten durchgeführt werden. Das Gebäude erfüllt rein funktionelle Ansprüche und weist eine Grundfläche von 14.000m2 auf. Das Haus wird mit Betonkernaktivierung im Sommer gekühlt und im Winter geheizt. Die Be- und Entfeuchtung wird mit mobilen Geräten gesteuert. Bei der Planung wurde sehr auf die Kosten geachtet, der Quadratmeterpreis für den Bau inklusive der Übersiedelungskosten beträgt € 1.000,00.
Dr. Arnulf Ullmann, Restaurator im Germanischen Nationalmuseum, berichtete über seine Forschungen zum Thema Beleuchtungstechnik in Museen. Sein Augenmerk liegt vor allem an den Innovationen der LED-Technik. Aufgrund des großen Marktes für Leuchtmittel ist allerdings bei der Wahl der richtigen Lampe Vorsicht geboten. Der relative Schadensfaktor eines Kunstwerkes steigt mit der Beleuchtung von blauem, d.h. energiereichem Licht. Am stärksten betroffen sind Oberflächen in Rottönen, da diese den Blauanteil am meisten absorbieren. Es muss daher immer die Lichtkurve eines Leuchtmittels überprüft werden, wo möglichst wenig Licht im unteren Wellenlängebereich ausgestrahlt wird. Viele LED-Lampen seien nachweislich nicht UV-frei.
Nach einer nachmittäglichen Stärkung stellten Dipl.Rest Lars Klemm, Fraunhofer Institut, und Dipl. Ing. Arch. Volker Huckemann, TU Braunschweig, ihr aktuelles, mehrjähriges Forschungsprojekt über die nachhaltige Sanierung von Museumsbauten vor. Durch den steten zahlenmäßigen Anstieg von Museen mit einem durchschnittlichen Lebenszyklus von mehr als 300 Jahren wird auch die Sanierung dieser Häuser immer bedeutender. Das größte Einsparungspotential an Energie liege immer in der Planungs- und Analysephase, welche zu Beginn jedes nachhaltigen Sanierungsprojektes steht. Im Anschluss folgen Prognose und die Umsetzung der Planung. Das Ziel sei eine Absenkung des Primärenergiebedarfs eines Museums im laufenden Betrieb auf 100kWh/m2a.
Walter Trimborn präsentierte die modularen Ausstellungssystem der Firma MBA Design & Display Produkt GmbH. Die Wände können beliebig miteinander verbunden und erweitert werden. Zur Herstellung der Wände werde ressourcenschonendes Material verwendet, die Herstellung sei energieschonend. Durch die Langlebigkeit relativiere sich der mit im Vergleich herkömmlichen Holzwänden hohe Anschaffungspreis. Eine Besonderheit sei die Soundwand, welche wie ein Lautsprecher funktioniert.
Den Abschlussvortrag hielt Prof. Dr. Stefan Simon, Direktor des Rathgen Forschungslabors, Berlin. Sein Fokus lag auf den beiden Parametern Temperatur und relativer Luftfeuchtigkeit. Er betonte, dass die Sorptionseigenschaften der Materialien nicht genügend erforscht und gemessen wurden und somit die Wechselwirkungen der Umgebungsbedingungen mit den Materialien, Objekten und Sammlungen nicht hinlänglich bekannt seien. Erst nach Bestimmung dieser Folgen und Wechselwirkungen können die Anforderungen an das Umgebungsklima formuliert und anschließend implementiert werden. Daher seien die starren Klimavorgaben 20-22°C und 50% rF +-5% in dieser Form als Pauschale nicht angebracht. Außerdem sei das Absenken der Temperatur in den Ausstellungsräumen zu Gunsten einer geringeren Befeuchtung sehr wünschenswert. Dr. Simon verwies außerdem auf aktuelle Diskussionsbeiträge und Artikel, die sich mit dem Klimawandel und Energieeinsparungen in Museen beschäftigen.